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Geschichte von Konradshöhe und Tegelort


Wappen Konradshöhe
Verglichen mit der viel hundertjährigen Geschichte von Heiligensee, sind Konradshöhe und Tegelort ganz junge Ortschaften. 1865 waren das ganze Heiligenseer Hinterfeld, der Tegelsche Ort und das Gelände südlich von Sandhausen bis zum Dreiecke, das vom Tegeler See und der Havel begrenzt wird, völlig unbewohnt. Einige Sandwege waren die einzigen Verkehrsverbindungen von Heiligensee und Tegel in dieses Gebiet. Der Boden war so schlecht, dass er landwirtschaftlich fast gar nicht genutzt werden konnte und so kaufte Theodor Rohmann vom Bauern Friedrich Lemcke 20 Morgen (50.000 m²) Kuschelheide für nur 1.000 Thaler (ca. 1.500 €) und gründete Konradshöhe. Er stellte beim Königlichen Landratsamt einen Antrag auf Baugenehmigung für eine Kupferschmiede, ein Wohnhaus mit Kellereien, Stallungen, einer Remise und Unfassungsmauer. Der Antrag wurde abgelehnt mit der Begründung, dass der Bauplan nicht den Feuer- und Sicherheitsvorschriften entspräche. Auch mit dem Namen „Conrads Höh“ war die Behörde anscheinend nicht einverstanden, er wurde auf allen Bauzeichnungen gestrichen. Als echter Pionier begann Rohrmann ohne behördliche Genehmigung und als er nach drei Jahren Ärger mit den Behörden und der Gendarmerie die Genehmigung vom Amt Spandau erhielt, stand schon alles. Auch die anfänglich versagte Benennung seines Gehöftes nach seinem ältesten Sohn Conrad, der hier geboren war, in „Conradshöhe“ wurde 1868 von der Königlichen Regierung zu Potsdam genehmigt. Damit war der Grundstein für die Villenkolonie Konradshöhe gelegt.

Feen-Grotte
Noch während der Streitigkeiten mit den Behörden kaufte Rohrmann weitere 24 Morgen und erweiterte die Kupferschmiede um ein Kesselhaus und einen 20 Meter hohen Schornstein. Jedoch florierte sein Gewerbebetrieb in der menschenleeren Gegend nicht und er wandelte 1891 seine Kupferschmiede in die Gaststätte „Konradshöher Terrassen“ um. Bereits 1872 verkaufte Rohrmann eine Parzelle an einen Tegeler Konditor, der wiederum einen Teil an den Rentier Theodor Petry verkaufte, der durch die auflebende Personen-Dampfschifffahrt ermutigt, seine Gaststätte „Waldburg“ errichtete. Nach und nach kauften immer mehr Siedler Parzellen von Rohrmann und es entstand eine kleinen Ansiedlung um die Gaststätte „Konradshöher Terrassen“. Nach dem Selbstmord Rohrmanns, er litt an einem quälenden Herzasthma, verkaufte seine Witwe 1906 die restlichen Besitzungen und die Gaststätte. 1937 baute der neue Besitzer die Terrassen zu einer Art Tropf-
steinhohle um und eröffnete die Gaststätte unter dem neue Namen „Feen-Grotte“.

1872 wechselte ein Grundstück von einem Morgen am Tegeler See seinen Besitzer. Der Färber Carl Berg erwarb das heutige Grundstück Scharfenbergerstr. 26e in Tegelort von einem Kossätenehepaar. Er errichtete ohne Genehmigung ein Wohnhaus mit Stallgebäude. Das Spandauer Amt lehnte mit Hinweis auf das Ansiedlungsgesetz und der Befürchtung dass sich eine neue Ansiedlung entwickeln würde, das Baugesuch ab. Allerdings war das Haus schön längst fertig als Berger den Antrag einreichte und tatsächlich siedelten sich um das Bergersche Haus einige Hundert Häuser mit einem Dutzend Gaststätten an. Aus dem bescheidenen Häuschen des einstigen Färbers und späteren Schankwirtes entwickelte sich das Ausflugslokal „Seegarten“.

Der Berliner Münzfabrikant Otto Joers erwarb 1891 von den Heiligenseer Bauern größere Ländereien an der heutigen Beatestraße an der Havel. Er steckte Straßen ab, parzellierte das Land und verkaufte es mit gutem Gewinn an Baulustige weiter. In der Mitte der beiden zuvor entstanden Kolonien Konradshöhe und Tegelort entstand das im Volksmund genannte Joersfelde.

Freiwillige Feuerwehr Tegelort
Die ersten Fluchtlinien- und Bebauungspläne wurden 1892 für Joersfelde, 1894 für Tegelort und 1896 für Konradshöhe festgestellt und behördlich genehmigt. 1896 wurde Tegelort amtlich zum „Villenvorort“ von Berlin erklärt, was zur Folge hatte, dass sich keine Industrie ansiedeln durfte. Trotz schlechter Verkehrsanbindung und Erwerbsmöglichkeiten wuchs die Einwohnerzahl.

Wegen der Abgeschiedenheit gründeten die Bewohner im September 1902 die „Freiwillige Feuerwehr Tegelort“. Das erste Spritzenhaus war ein alter Schuppen, da die Handspritze jedoch größer als der Schuppen war, musste man noch einen halben Meter anbauen. Die drei Kolonien wurden langsam vom Ausflugsverkehr entdeckt, somit eröffneten immer mehr Gastwirtschaften, die nun wiederum Personal und Bedienungen für die Gäste benötigten. Auch die Personenschifffahrt bot Arbeitsmöglichkeiten, es zogen immer mehr Menschen in die Vororte und bauten Häuser auf dem damals noch günstigen Land. Die schulpflichtigen Kinder mussten jeden Tag eine Stunde nach Heiligensee laufen und so wurde 1895 die erste Schule in Tegelort eingerichtet.

Mittlerweile gab es neben den 10 Gastwirtschaften, 3 Bäckereien, 2 Kolonialwarengeschäfte, 1 Friseur, 1 Bauunternehmer, 1 Reederei und 6 Bootsverleiher auch eine Fleischerei, bis dahin musste das Fleisch in Tegel oder Spandau besorgt werden, oder der Postbote brachte ein Fleischpaket mit. 2 Jahre später folgte eine Postagentur. Die wohl wichtigste Infrastrukturmaßnahme dieser Gründer- und Aufbaujahre war die Einweihung der Straßenbahn am 29. Mai 1913.

1920 lebten in den drei Kolonien insgesamt 993 Einwohner, von denen nur 240 in Konradshöhe wohnten. Doch jetzt setze in Konradshöhe eine lebhafte Bautätigkeit ein. Die noch im Besitz der Heiligenseer Bauern befindlichen Ländereien wurden verkauft, gerodet, bebaut. 1921 bekam die Kolonie Konradshöhe die sie prägenden Vogelstraßennahmen. 10 Jahre später betrug die Bevölkerungszahl 2582. Die 1929 beginnende Wirtschaftskrise wirkte sich nur begrenzt auf den Wachstum der Siedungen aus, viele die eine Sommerlaube hier hatten, verlegten aus finanziellen Gründen ihren Wohnsitz ganz hierher. In den Ortschaften wohnten vor allem Arbeiter, kleine Angestellte und Handwerker. In Konradshöhe gab es daneben auch eine Anzahl „bessere Leute“, die in ihren eigenen massiven Einfamilienhäusern wohnten. In Tegelort und Joersfelde standen vorwiegend Villen mit mehreren Wohnungen.

Haus Conradshöhe
Ein bedeutendes Ereignis war der Bau der katholischen St. –Agnes-Kapelle in Konradshöhe, die im November 1929 geweiht wurde. Sie steht in enger räumlicher Verbindung mit dem Haus Conradshöhe. Die evangelischen Einwohner mussten noch 10 Jahre auf ihr Gotteshaus Jesus-Christus-Kirche warten obwohl die Kirchengemeinde im gleichen Jahr der Weihung unweit der katholischen Kapelle ein Grundstück erwarb um eine Kirche zu errichten, die ihre Gottesdienste seit 1895 in der Tegelorter Schule abhielten

Durch die Siedlungspolitik des Nationalsozialismus entstanden zahlreiche neue Siedlungshäuser bzw. –komplexe. 1935 wurde der Grundstein für eine Werksangehörigen Siedlung der Rheinmetall Borsig GmbH gelegt.

Der zweite Weltkrieg richtete relativ wenige Schäden an. Durch die lockere Bebauung konnten sich keine Brände ausbreiten, die meisten Bomben fielen in den Tegeler See oder in die Gärten. Im März 1944 zerstörte ein amerikanischer Fliegerangriff 24 Menschenleben und das Wahrzeichen von Tegelort „Restaurant Leuchtturm“. Mit dem kampflosen Einmarsch der Roten Armee war der Krieg für die Bewohner am 23. April 1945 um 15 Uhr zu Ende. Tatkräftig arbeiteten die Einwohner am Wideraufbau. Bereits im Mai fuhr die Straßenbahn wieder und der Schulunterricht wurde wieder aufgenommen. Am Falkenplatz wurde ein Gedenkstein für zwei Widerstandskämpfer gegen das Naziregime aufgestellt.

Filmtheater vom Wasser
Nachdem für kurze Zeit die sowjetischen Truppen ein Teil der Tegelorter Wohnhäuser beschlagnahmt hatten, richtete sich die französische Besatzungsmacht nach ihrer Übernahme des Bezirks Reinickendorf in einem Ausflugslokal das Freizeitzentrum „Bir Hakeim“ für die Offiziere und Soldaten ein. In den Räumen des ehemaligen Restaurants Strandhotel Tegelort entstand das Filmtheater am Tegeler See welches aber mangels Interesse bald wieder schließen musste.

In den fünfziger Jahren wurden die inzwischen unter dem Namen „Ortsteil Konradshöhe“ zusammengefassten drei Kolonien zum Standort vieler Jugendfreizeit- und diakonischer Einrichtungen. Im Zuge der Verkehrspolitik des Senats ersetzte die BVG die Straßenbahnlinie durch die Autobuslinie 20. Heute erinnert am Falkenplatz noch die 1926 errichtete Wartehalle an die Zeit der Straßenbahn. Mit Ende des Straßenbaus 1972, der Aufstellung elektrischer Straßenleuchten 1974 und dem Anschluss an das städtische Kanalisationsnetz 1985 bzw. in Konradshöhe 1994 gilt der Ausbau der technischen Infrastruktur als abgeschlossen.