Geschichte von Heiligensee
1308 wird der Ortsname „Hyelegensee“, in einer erhalten gebliebenen Urkunde erstmalig erwähnt. Spätestens seit dem Jahre 1313 gehörte das Dorf der Ritterfamilie von Bredow. Wie in anderen Dörfern gab es auch in Heiligensee im 15. Jahrhundert einen wirtschaftlichen Niedergang, die von Bredows waren ständig in Geldschwierigkeiten und 1472 musste der vorletzte von Bredow seine Güter an die Ritter von Pfuhl zu Ranft bei Wriezen verkaufen. In diese Zeit fällt auch der Bau der Kirche auf der Dorfaue, dem ältesten erhaltenen Bauwerk in Heiligensee. 1544 erwarb der Kurfürst Joachim II. Heiligensee wegen seiner reichen Wald- und Wildbestände von den Pfuhls. 1591 gehörten 16 Bauern und sechs Kossäten zum Dorf, erstmals wird auch ein Wohnschmied erwähnt und spätestens seit dieser Zeit war die bereits 1313 erwähnte Fähre im Privatbesitz.
Den 30jährigen Krieg von 1618 bis 1648 hat Heiligensee glimpflich überstanden, zwar wurde das Dorf mehrfach geplündert, aber es brannte weder ab, noch kam die Pest wieder. Die Bevölkerung lebte von den kümmerlichen Erträgen der verwüsteten und verwilderten Felder. Das Land musste erst wieder urbar gemacht werden und noch viele Jahre nach Kriegsende war das Ackerland erst zur Hälfte wieder brauchbar. In dieser Zeit entstand das heute noch erhaltene Pfarrhaus.
Seit 1695 hatte das Dorf wieder einen Erbschulzen, im Jahre 1722 fand sich ein Käufer für die Schmiede.
Hieß es um 1740 noch, die Heiligenseer seien die ärmsten Leute unter dem Amt Mühlenbeck, brachte die zweite Hälfte des Jahrhunderts Besserung. Die Bauern stellen ihre Produktion langsam auf die Bedürfnisse der Residenzstadt Berlin um. 1738 übernahm der Schneider Andreas Dannenberg den Heiligenseer Dorfkrug. An seiner Stelle steht heute das Hotel-Restaurant „Dannenberg am See“.
Als erste europäischer Herrscher führte der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. im Jahr 1717 die allgemeine Schulpflicht ein. Der erste Heiligenseer Dorfschullehrer war bis etwa 1730 der Küster. Um 1745 wurde ein kleines Küster- und Schulhaus errichtet.
Der Soldatenkönig ergriff, wegen der hohen Schulden des Staates bei seinem Amtsantritt, strenge Sparmaßnahmen. Brachliegende Ländereien mussten bewirtschaftet werden und der Anbau von Maulbeerbäumen wurde verfügt.
Der Wald war seit Urzeiten im Besitz aller. Die Bauern nutzen ihn zur Jagd, durften jedoch keine Waffen tragen, sie benutzten Schlingen und Fallen. Weiterhin besaßen sie die Raff- und Leseholzberechtigung und durften Wachs und Honig aus den Waldbienenstämmen gewinnen. Eine weitere Nutzung bestand in der Teerherstellung. In Meilern verschwelte man das Holz, der aus dem Holz tropfende Teer sammelte sich in einer Grube. Teer diente u.a. zum Dichten von Kähnen. Seltener als die Meiler aber lohnender in der Kapazität waren Teeröfen. Zwei Teeröfen sind im Bereich von Heiligensee nachzuweisen, wo heute der Mühlenweg in den Rallenweg mündet. Da das Teerschwelen viel Holz erforderte, wurde der in der Nähe des Teerofens gelegene Wald immer weiter abgeholzt, kurz nach 1700 ging der „Alte Teerofen“ ein. Der „Neue Teerofen“ wurde dann an der Handelsstraße von Berlin nach Hamburg angelegt. Hierauf geht die Gründung Schulzendorfs zurück.
Um die Mitte des 18. Jahrhunderts begann schließlich die heutige moderne und rationelle Forstwirtschaft. Die sich im 19. Jahrhundert entwickelnde Technik machte die altherkömmliche Teergewinnung überflüssig und trug dadurch zum Erhalt des Waldbestandes bei
Durch die Reformen des Freiherrn vom und zum Stein erhielten um 1830 die Bauern und Kossäten von Heiligensee ihre persönliche Freiheit, das Eigentumsrecht und die volle Verfügung über ihren Besitz.
Im Jahre 1856 errichtete der Bauer Lemcke südlich des Dorfes am Fuße des Schifferberges dicht an der Havel ein Siedlerhäuschen für Holzarbeiter (In den Schifferbergen 10); später folgten weitere Häuser. Das war der Grundstein für die Kolonie Sandhausen. Der Name war nahe liegend, da die dortige Landschaft aus Sandbergen bestand.
Mit dem langsamen Anwachsen der Industrie vor den Toren Berlins begann auch in Heiligensee eine verstärkte Siedlungstätigkeit. Doch zunächst lockte die schöne, waldreiche Umgebung an der Havel Berliner Ausflügler. So entstand um die Jahrhundertwende eine Vielzahl von Gastwirtschaften, von denen heute nur noch die Dorfaue und das Hotel Dannenberg existieren.
Mit der wachsenden Einwohnerzahl stieg der Bedarf nach Verkehrsanbindungen. 1883 wurde die „Kremmener Bahn“, die von Schönholz nach Kremmen führte, mit den beiden Haltepunkten Schulzendorf und Heiligensee fertig gestellt. Die Bahnhöfen lagen aber nicht nah genug am Dorf und der Pferdeomnibus der vom Schulzendorfer Bahnhof zum Dorf führte war viel zu langsam und so wurde nach schwierigen Verhandlungen im Mai 1913 eine Straßenbahnlinie, die nach Tegel führte, eröffnet. Diese Verkehrsverbindung bedeutete einen starken Impuls für die Besiedelung, Bodenspekulationen trieben die Preise in die Höhe und die Bauern verkauften ihr Land. Der Wohlstand der Gemeinde wuchs. Villen, Restaurants und Landhäuser wurden gebaut.
Mit dem ständigen Bevölkerungswachstum mussten nun u. a. auch Verbesserungen in der schulischen, technischen und verwaltungsmäßigen Versorgung erfolgen. 1892 eröffnete neben der Kirche eine Postagentur. Der Bau einer neuen Schule mit zwei Klassenzimmern, einer Küster- und einer Lehrerwohnung erfolgte. Bereits 1913 musste die Schule, wegen ständig steigender Schülerzahlen erweitert werden. 1908 wurde die Freiwillige Feuerwehr Heiligensee ins Leben gerufen.
Aus Angst vor Seuchen waren eigentlich bereits seit Jahrzehnten Bestattungen auf dem Heiligenseer Friedhof um die Dorfkirche herum verboten. Doch erst 1908-1912 wurde ein neuer städtischer Friedhof südlich des Dorfes am Elchdamm Ecke Sandhauserstr. Angelegt. Unweit des Friedhofs baute die Gemeinde 1909 eine Gasanstalt die aber bereits 1923 wegen Unwirtschaftlichkeit wieder still gelegt wurde, das Gelände wurde zu einer Lauben- und Wassersportsiedlung umgestaltet. Mit zeitlicher Verzögerung entstanden auch einige Fabriken und Betriebe in Heiligensee.
Während im Dorf neben und zwischen den alten Bauern-, Kossäten- und Büdnerhäusern ab 1890/95 mit dem Bau städtisch anmutenden zweistöckigen Miethäusern begonnen war, entstand um 1905 - begünstigt durch die Kremmener Bahn „Neu Heiligensee“. Vor dem I. Weltkrieg hatte Heiligensee sogar einen eigenen Flugplatz, zwischen der Straße An der Wildbahn, dem Bekassinenweg und der Heiligenseestr. befand sich das Flugfeld. Der I. Weltkrieg unterbrach all die Ansätze einer Aufwärtsentwicklung, nach Kriegsende wurde die selbständige Landgemeinde Heiligensee aufgelöst. Das Dorf und die Feldmark gingen als Ortsteil des Verwaltungsbezirks Reinickendorf in der neuen Stadtgemeinde Berlin auf. Zwischen den Kriegen entstand nun jenes uneinheitliche Siedlungsgesprengsel verschiedenster, meist sehr bescheidener Haustypen, die für die Gegend charakteristisch sind. An Pflasterung der Straßen war meist nicht zu denken, 1924 wurde der Ort an das Stromnetz angeschlossen 1925 an die Wasserversorgung. Die Umstellung der Straßenbeleuchtung von Gas auf Strom erfolgte erst 1974, sowie auch die Entwässerungskanäle erst ab 1977 verlegt worden sind.
Zunächst ist mit der Parzellierung und der Bebauung um die Heiligenseestr. begonnen worden. Die Bauern verkauften in immer stärkerem Maße ihre Felder. Bis 1933 hatte die Union Siedlungsgesellschaft, das Bankhaus Pflaum & Sichel und der Berliner Bau und Boden-Verein fast den gesamten östlichen Bereich zwischen der Ruppiner Chaussee, dem Elchdamm und der Straße Am Dachsbau aufgeteilt und bebaut. Nordöstlich der Ruppiner Chaussee wurde ein großes Waldgebiet gerodet und die Borsig-Siedlung entstand.
Da die Einwohnerzahl Heiligensees 1925 bereits 4412 betrug und bis 1934 auf 10868 anstieg wurde 1936 zur Entlastung der Dorfschule eine neue Schule in der Straße Im Erpelgrund eröffnet. Im gleichen Jahr wurde die kleine katholische Kirche Sankt-Marien in der Schulzendorfer Str. errichtet. Ebenfalls in der Schulzendorfer Str. wurde 1937/38 für die Protestanten ein Gemeindehaus erbaut. Im Juli 1936 wurde ein Waldstück der Borsig-Siedlung abgeholzt und eine Luftwaffenkaserne für eine Flak-Abteilung errichtet. Das Ende des II. Weltkrieges kam für die Heiligenseer durch die Rote Armee die am 22.04.1945 ins Dorf einfuhr. Seit August 1945 gehört der Bezirk Reinickendorf zum Französischen Sektor.
Die erste siedlungsmäßige Erweiterung Heiligensees erfolgte in den Jahren 1954/55. Am südöstlichen Rand der Borsig-Siedlung war erneut ein schmales Waldstück gerodet worden um die „Hilfswerk-Siedlung“ zu errichten.
Mit der 650-Jahr Feier Heiligensees im Jahre 1958 endete die 45jährige Fahrt der Straßenbahn und wurde durch den Autobus 13 ersetzt.
In den sechziger und siebziger Jahren entwickelten sich in ein Netz von Einrichtungen zur Betreuung psychisch und physisch kranker Menschen. Immer mehr junge Familien ließen sich in Heiligensee nieder und im Sommer 1976 wurde die großzügige Erpelgrundschule eingeweiht. Seit 1978 wurde eine neue Fernverkehrsstraße nach Hamburg über Heiligensee geplant. Die Trassenführung durch den Tegeler Forst erregte lebhaften Widerspruch. Während die Grenzübergangsstelle Heiligensee/Stolpe mit dem Anschluss an die Schulzendorfer Str. bereits für den Reiseverkehr in die DDR und nach Skandinavien freigegeben worden war, konnte der Transitverkehr erst Ende 1987 eröffnet werden.
Ende der siebziger Jahre gerieten die letzten Stücke der ehemaligen Heiligenseer Feldmark auf Grund eines Wohnungsbauprojektes in Gefahr. Der Ruf “Rettet die Heiligenseer Felder“ der gleichnamigen Bürgerinitiative wurden erhört und die Felder wurden bis heute nicht bebaut.
1998 wurden die seit 1984 geschlossenen S-Bahnhöfe Schulzendorf und Heiligensee wieder in Betrieb genommen und die S-Bahn fährt das erste Mal seit 1961 wieder nach Hennigsdorf.
Quellen:
Pfarrhaus - Foto
Schmiede - Foto
Dannenberg am See - Foto
Flugplatz - Fotos
Straßenbahn - Fotos
eigene Recherche